Provence 2019 – Teil 2

24.6.2019 Tag 6
Arles 0 km

Unser letzter ganzer Tag in Arles beginnt. Am relativ kühlen Vormittag gehen wir zum Luma Parc des Ateliers. Das Areal ist erst teilweise geöffnet und das LUMA-Gebäude des kanadischen Architekten Frank Gehry ist noch unzugänglich. Wir sind hier einfach zu früh, dafür sind wir für die Gladiatorenkämpfe in der römischen Arena 2000 Jahre zu spät. Man könnte es ausgleichende Gerechtigkeit nennen.

Wir bummeln noch ein wenig durch die Stadt und entdecken das eine oder andere.

Elektroinstallationen sind in Südfrankreichs Altbauten häufig außen montiert. Das ist wegen der Schönheit und der frischen Luft.

Wir kommen auch bei der Rhône vorbei. Der Fluss ist hier kurz vor der Mündung ins Mittelmeer, bietet aber eingezwängt in Schutzbauten keinen übermäßig attraktiven Anblick.

Nachdem es immer heißer wird, suchen wir bald Zuflucht in unserem kühlen Steinhaus.

Am späteren Nachmittag besuchen wir die Arena (Amphitheater) und das antike Theater. Das Beste haben wir uns für den Abschluss aufgehoben.

Die römische Arena ist natürlich sehr beeindruckend, man hat von oben auch einen wundervollen Blick über die Altstadt. Es ist noch brütend heiß, was uns aber nicht daran hindert, das majestätische Bauwerk eingehend zu besichtigen.

Von hier aus haben wir auch einen Blick auf unsere Wohnburg (das Haus mit den drei offenen Fensterläden).

Anschließend schauen wir noch beim antiken Theater vorbei. Beide Arenen werden recht häufig für verschiedenste Veranstaltungen benützt.

Wir haben noch nicht wirklich etwas gegessen und suchen nochmals den Place du Forum auf. Unser Lokal von gestern Abend hat heute geschlossen, aber wir finden im Le Café la nuit Platz. Moules gibt es hier leider nicht, sodass wir mit einem Thunfischsteak Vorlieb nehmen.

Das Leben und Treiben im Lokal beobachten wir mit Interesse bevor wir uns auf den Weg in Richtung unseres Lieblingshauses machen.

Wir wissen jetzt aber noch nicht, dass wir es am Ende der Reise etwas bedauern werden, nicht zwei oder drei Tage länger in dieser Stadt geblieben zu sein. Mit Ausflügen ins nahe Umland hätten wir hier ein paar sehr angenehme Tage mehr gehabt.

25. 6. 2019 Tag 7
Abfahrt Arles 10:00 Uhr – Ankunft Saintes-Maries-de-la-Mer 10:45 Uhr
40 km

Wir packen und verlassen gegen 10:00 Uhr unser dreistöckiges Steinhaus mit Wehmut. Unser nächstes Ziel ist Saintes-Maries-de-la-Mer, die Hauptstadt der Carmague, die wir nach rund 40 km erreichen.

Entlang der Straße sehen wir die ersten weißen Pferde und Ställe, die Reitausflüge in das faszinierende Umland veranstalten.

In Saintes-Maries-de-la-Mer leben 2500 Menschen und der ganze Ort ist mittlerweile touristisch gut ausgelastet. Unser Hotel Hostellerie du Pont Blanc liegt am Ortseingang und besteht aus mehreren Bungalows mit einem Pool in der Mitte.

Wir haben eine kleine Terrasse, aber keinen Kühlschrank. Internet geht, aber langsam. Wir wollen zwei Tage bleiben und decken unseren Kühlbedarf just-in-time beim in der Nähe liegenden Spar. Der Pool ist hervorragend.

Es ist heiß und so unternehmen wir erst gegen Abend einen Ausflug ins Zentrum. Unterwegs sehen wir am Ortsrand einen Parkplatz für Wohnmobile. Wir liebäugeln latent mit dem Traum von der uneingeschränkten Freiheit, sind aber im Moment mit unserem relativ kühlen Hotelzimmer ganz zufrieden. Wie die in der prallen Sonne stehenden Prachtgefährte ohne Stromanschluss gekühlt werden, wissen wir nicht.

Einschränkungen für Wohnmobile sind überall sichtbar und so ist Südfrankreich wahrscheinlich nicht die beste Gegend für das eigene Haus mit vier Rädern.

Saintes-Mairies-de-la-Mer ist ein hübscher Ort. Uns interessieren vor allem die Brasseries und Cafés. Für einen längeren Aufenthalt gibt er allerdings nicht ausreichend viel her.

Die Nacht wird angenehmer als erwartet. Wir leben eigentlich mitten im Sumpfgebiet des Rhône-Deltas und das hört man auch am lauten Quaken und Zirpen. Während der Dämmerung schwirren Fledermausschwärme durch die Gegend wie ich sie noch nie gesehen habe. Die Gelsen schaffen es gar nicht bis zu uns auf die kleine Terrasse.

Die ganze Gegend ist schon lange Naturschutzgebiet. Das Zimmer ist vorsorglich mit Insekten­schutz­gittern abgedichtet und man kann das Fenster in der Nacht geöffnet lassen. Ein langsam laufender Deckenventilator bewirkt effektiv angenehme Kühlung.

26. 6. 2019 Tag 8
Saintes-Maries-de-la-Mer 0 km

Das Schauspiel mit den Fledermäusen wiederholt sich in der Morgendämmerung. Wir frühstücken in einer nahe liegenden Boulangerie (neben dem Spar) und erkunden nochmals Saintes-Maries-de-la-Mer. Die Mittagszeit verbringen wir allerdings im kühlen Zimmer.

Am späteren Nachmittag machen wir eine Bootsfahrt. Sie dauert 1 ½ Stunden und führt die Kleine Rhône stromaufwärts.

Die Sache ist recht interessant, vor allem auch weil rein zufällig eine malerische Herde von Stieren und weißen Pferden neben dem Ausflugsschiff auftaucht. Das ist ein großes Glück, weil dadurch unsere Fotos denen im Prospekt des Fährunternehmens ähnlich sind.

Der martialisch aussehende Viehhirte auf dem Pferd ist etwas regelwidrig eine Dame. Wir sind selbst­verständ­lich trotzdem beeindruckt.

Danach essen und trinken wir in der kleinen Stadt, wir haben es uns redlich verdient.

Für Saintes-Maries-de-la-Mer werden morgen 31° prognostiziert, für Avignon (eines unserer nächsten Ziele) 41°. Wir haben ein wenig Angst, die Küste zu verlassen und suchen ein Hotel in Le Grau-du-Roi. Das liegt ebenfalls am Meer.

27. 6. 2019 Tag 9
Abfahrt Saintes-Maries-de-la-Mer 9:40 Uhr – Ankunft Le Grau-du-Rois 13:00 Uhr
80 km

Wir fahren recht zeitig nach einem Frühstück in unserer Boulangerie weiter in Richtung Aigues-Mortes, wobei wir über die D38, die Fähre Le Bac du Sauvage und weiter auf der D85 fahren.

 

Bei der Fähre machen wir in einem Restaurant Pause und beobachten den Fährbetrieb. Aus den Lautsprechern des Lokals hören wir Blues und wir fühlen uns wie am Mississippi.

Wir sehen in Service und Küche nur Männer mittleren Alters und registrieren die Liebe zu netten Aus­stat­tungs­details. Eine Katze streicht um unsere Stühle. Ein Abendessen geht sich leider nicht aus, da das Lokal zu weit von unserem Fahrziel entfernt liegt.

Die Straße führt durch die typische Carmargue-Landschaft und wir sehen auch Reisfelder. Reis wird in der Carmague seit dem 17. Jhd. angebaut, Subventionskürzungen der EU gefährden heute aber die Bauern.

Zu Mittag erreichen wir Aigues-Mortes, ein ausgesprochen hübsches Städtchen mit einer beeindruckenden, vollständig erhaltenen Stadtmauer.

Am früheren Nachmittag erreichen wir dann unser Ziel Le Grau-du-Roi. Das Städtchen liegt am Meer und verfügt über einen Yachthafen, den wir aber nicht so dringend benötigen. Dafür haben wir einen Abstellplatz für unser Auto. Unser kleines Appartement liegt in einer älteren Appartement­anlage und ist leider nicht sehr toll. Das Beste sind der Kühlschrank und das Internet. Und wir haben einen Küchen(schreib)tisch. Um 17:00 haben wir noch immer 32° und wenig Lust in die Sonne zu gehen. Am Abend gehen wir ins „Zentrum“ und essen etwas. Wir sind von der Atmosphäre des Badeortes nicht begeistert und werden morgen früh wieder weiterfahren. Mittel­meer­bade­orte mögen wir überhaupt immer weniger.

28. 6. 2019 Tag 10
Abfahrt Le Grau-du-Rois 9:10 Uhr – Ankunft Nîmes 14:00 Uhr
60 km

Die Hälfte unserer Kleingruppe geht noch ins Meer schwimmen. Unserem Badeort weinen wir dennoch nicht nach, sondern freuen uns auf Aigues-Mortes. Die kleine Stadt ist sehr attraktiv und wir finden in der Früh einen nahezu leeren Touristen­park­platz im Zentrum vor.

Es ist bereits jetzt sehr heiß und daher machen wir nur eine kleine Runde und setzen uns sofort in ein Café zum Frühstück. Wir sind etwas ermattet und daher macht es uns mehr Spaß, andere ermattete Menschen zu beobachten.

Für die Weiterfahrt nach Nîmes nehmen wir statt der Autobahn die Landstraße, die Strecke ist ja nicht allzu lang. In einem unweit der Straße liegenden Supermarkt decken wir uns mit Getränken ein. Ich beobachte, dass der gesamte Parkplatz mit Solarpanelen überdacht ist. Man erkennt das an der Verkabelung und den Kühlgeräuschen.

Da wir etwas zu früh bei unserem Hotel sind, fahren wir noch ins historische Zentrum von Nîmes und trinken in einer Brasserie Bier und Espresso. Wir erfahren, dass in unserer Gegend heute ein neuer Temperaturrekord von über 45° (!) erreicht wurde. Dieser Umstand ist selbst dem entfernten ORF eine Meldung wert. Der angegebene Ort Gallargues-le-Montueux ist von Nîmes ca. 20 km entfernt.

45° sind wirklich sehr heiß und unsere halb leeren Biergläser werden selbst im Schatten deutlich warm, zumindest dort, wo kein Bier mehr ist. Wir sind jedenfalls mitten drin im Hitzegeschehen und solidarisieren uns geistig an Ort und Stelle mit der 16-jährigen Klimaaktivistin Greta Thunberg.

Unser Aparthotel für 2 Tage liegt nicht ganz im Zentrum, hat Klimaanlage, Kühlschrank, Garage und schnelles Internet und ist auch sonst ganz in Ordnung. Den Abend verbringen nach dem Besuch einer Pizzeria ums Eck im Zimmer.

Der Parkplatz ist eine Garage in der Tiefgarage. So was hatten wir noch nie und wir verwenden den Abstellplatz daher mit Vergnügen. Außerdem bleibt so das Auto – doppelt verpackt – kühl.

29. 6. 2019 Tag 11
Nîmes – Pont du Gard 50 km

Es ist gegen 10 Uhr und es hat 34°. Das kommt uns jetzt relativ kühl vor. Wir beschießen, das Amphitheater und das Maison Carrée zu besichtigen und fahren mit dem Auto aus der Tiefgarage in die Parkgarage. Die Arena ist natürlich eindrucksvoll und zudem die besterhaltene in Südfrankreich.

Das Maison Carrée ist ein Tempel aus dem 1. Jhd. Wir sehen darin einen kurzen historisierenden Film über die Entstehung von Nîmes. Das Beste daran ist allerdings der klimatisierte Vorführraum.

Danach müssen wir aber gezwungenermaßen wieder ins Freie. Um 14:00 Uhr hat es amtliche 38°. Wir freuen uns auf die Mittagspause und beschließen, in unserem klimatisierten Appartement einen weiteren Tag zu verbringen.

Gegen 17:00 Uhr brechen wir nochmals auf zum etwa 20 km entfernten Pont du Gard aus dem 1. Jhd. n. Chr. Dieses wunderbare dreistöckige Bauwerk war Teil der Wasserversorgung für Nemausus (Nîmes). Die gesamte Wasserleitung war wegen der Gebirgsformationen 50 km lang und es ist bis heute ein Rätsel, wie das durchschnittliche Gefälle von 24 cm/km realisiert wurde.

Nach der Besichtigung wollen wir etwas essen und besuchen das dortige Restaurant Les Terrasses mit einem schönen Ausblick auf die Brücke. Nach etwa 10 Minuten im mäßig besuchten Garten erscheint einer der 8 Kellner mit der Frage nach unseren Wünschen. Er hat keine Karte dabei und erscheint 5 Minuten später mit Eis- und Getränkekarten. Auf die bejahte Frage nach Essen schickt er uns zu einem der dafür vorgesehenen Tische. Auf diesem liegen Besteck und Servietten. Wir nehmen neuerlich Platz und nach einiger Zeit erscheint eine junge Dame mit einer Menükarte. Die Preise sind zwar touristisch inspiriert, aber wir wählen dennoch zwei Salate und Getränke. Wir warten ca. 10 Minuten in denen das Personal dringend rauchen muss. Die Dame erscheint wiederholt und nimmt die Bestellung auf. Wir bestellen 2 mal 25 cl Bier und wollen die Salate bestellen. Die Dame ist aber nur für Getränke zuständig und verweist uns auf eine zukünftig erscheinende, weitere Kellnerin.

Wir gehen dann einfach, fahren zurück und stillen unseren Hunger beim McDonald’s gegenüber unserem Hotel nachdem wir unterwegs kein brauchbares Restaurant gefunden haben. Wir haben zeitweise durchaus den Eindruck, als hätte auch Frankreich mit der Landflucht zu kämpfen.

Der Aufwand für eine Fahrt ins historische Zentrum mit den vielen Lokalen erscheint uns hitzebedingt im Moment zu hoch. Den Touchscreen bei McDonald’s meistern wir übrigens mit Bravour.

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