Ring Oldenburg 2022 – Teil 2


Dienstag, 12. 7. 2022

Wir fahren wieder mit dem Auto. Abfahrt um 10 Uhr mit einem km-Stand von 117699. Die Reise geht über Leer und Emden nach Greetsiel. Die Strecke ist 103 km lang, überwiegend Autobahn und angenehm verkehrsarm. Gut, wer fährt schon an einem Dienstag nach Greetsiel.

Kurz vor Greetsiel machen wir einen Abstecher zum Pilsumer Leuchtturm. Er ist der kleinste Leuchtturm Deutschlands, aber nicht mehr in Betrieb. Durch einen Film von Otto Waalkes wurde das Türmchen weltberühmt – jedenfalls in Deutschland.

Danach kommen wir nach Greetsiel. Wir bezahlen insgesamt 6 EUR an Parkgebühren, also 2/3 unseres 9-Euro-Tickets für ganz Deutschland. Ok, was sollen wir in ganz Deutschland. Dafür ist Benzin spottbillig. Ein Liter Super kostet nur 1,849 EUR.

Greetsiel ist extrem entzückend. Es beginnt mit den Zwillingsmühlen, die aber schon bessere Zeiten gesehen haben.

Der Weg führt weiter zum Hafen mit seinen unzähligen Lokalen und den malerischen Krabbenkuttern. Wenn es Greetsiel nicht gäbe, man müsste es erfinden. Für ostfriesische Verhältnisse ist Greetsiel, man kann es nicht anders sagen, atemberaubend. Nirgendwo sonst findet man einen Leuchtturm, zwei unterschiedlich aussehende Zwillingsmühlen und mehrere Krabbenkutter so nah beieinander.

Die bereits im Hotel beschlossene Ausflugsfahrt per Schiff beginnt ebenfalls hier im Hafen und führt im Schutzgebiet Leyhörn durch einen Kanal mit Schleusen an dessen Ende.

Das Boot mit geringem Tiefgang fährt kurz ins Wattenmeer und muss dann durch die Schleuse zurück in den Kanal. Angeblich – sagt zumindest der Kapitän – darf man den Kanal überhaupt nur benutzen, wenn man durch die Schleusen fährt. Wir sind damit Zeugen eines extrem raffinierten Manövers und genießen es inbrünstig.

Vom Boot aus sieht man die typischen Backsteinhäuser, die sich hinter den Deichen vor der Nordsee verstecken. Längerfristig wenn der Meeresspiegel steigt, wird ihnen das aber nichts nützen.

Der Kapitän erzählt launige Zoten, man erfährt aber einiges, was man so noch nicht weiß. So bedeutet „sielen“ das Entwässern durch die Deiche in die Nordsee. Man erfährt aber auch Dinge, die man nicht wissen möchte, wie irgendetwas mit irgendeiner Schwiegermutter.

Die zwei Stunden für die Fahrt sind gerade richtig und danach wollen wir etwas essen. Der Backfischstand hat leider schon geschlossen. Wir finden aber leicht das Restaurant Captains Dinner am Hafen und bestellen saure Bratheringe oder besser gesagt Bratheringe, da wir da noch nicht wissen, dass sie sauer sind.

Die Portionen sind überaus reichlich, aber sehr oft werden wir Brathering nicht mehr bestellen. Retrospektiv stelle ich fest, dass das Lokal keine Karte ins Netz stellt, sondern nur bla bla.

Die Rückfahrt nach Oldenburg gestaltet sich als unspektakulär. Den Abend verbringen wir mit Christoph und Peter im Extrablatt, unserem Stammlokal.

Km-Stand 117915, gefahrene km: 216.

Mittwoch, 13. 7. 2022

Siegfried.

Nach dem Frühstück Spaziergang durch die Stadt. Es ist für einen Tag heiß geworden und so verbringen wir die Zeit bis zum Siegfried im Hotelzimmer. Wir treffen auf eine Band, die uns an die Studentenband in Reims erinnert.

Das Instrumentarium umfasst hier wie dort alles was laut ist, unterstützt von einer monotonen, kräftigen Trommel im Herzschlagrhythmus.

Im Opernhaus finden wir dann in einem Nebenraum des Parketts eine kleine Ausstellung zum Ring in Oldenburg. Es gibt verschiedene Entwürfe und das Konzept der Drehbühne.

Zusätzlich wurde sogar ein Modell der Bühne aufgebaut, das per Schalter beleuchtet und in Bewegung gesetzt werden kann. Dies erspart einem das Umrunden der Glasvitrine.

Die Vorstellung beginnt dann um 17:00 Uhr.

Wir nehmen unsere hervorragenden Plätze ein und verfolgen das Geschehen in etwa aus der Position des Dirigenten.

Den Siegfried singt Zoltán Nyári – im Herbst wird er das auch an der ungarischen Staatsoper in Budapest tun. Der Schlussapplaus war begeistert.

Wenn das Orchester auf die Bühne kommt, sieht man erst, wie klein es eigentlich ist.

Ausklang im Extrablatt mit unseren Freunden.

Exkurs: Das Personal im Extrablatt und auch in anderen Lokalen ist extrem freundlich und liebenswürdig. Man hat als Österreicher schon ein schlechtes Gewissen, wenn man nur 10 % Trinkgeld gibt.

Donnerstag, 14. 7. 2022

Wir haben schon wieder frei. Peter kauft sich ein 9-Euro-Ticket und wir fahren gemeinsam mit dem Zug nach Emden. Dieser fährt rund eine Stunde über Leer.

Allzu viele touristische Attraktionen hat Emden ja nicht zu bieten (jedenfalls keine, die eine Anreise aus Wien rechtfertigen würden) und so machen wir uns vom Bahnhof aus auf den Weg zur Kesselschleuse. Dieses Bauwerk ist die einzige Schleuse Europas, die vier Wasserstraßen verbindet, wobei diese meist unterschiedliche Wasserstände aufweisen.

Wir haben Glück und können drei Boote bei der Durchfahrt beobachten. Leicht unbefriedigend ist allerdings, dass alle Boote gerade durch die Schleuse fahren. Ein 90°-Manöver macht kein Boot für uns. Nicht einmal mit der sich drehenden Brücke dürfen wir mitfahren, wir werden weggeschickt. Ok, dafür ist die Sache gratis.

Danach wandern wir zum Ratsdelft, das ein Teil des Emder Hafens ist und direkt beim Rathaus liegt. Es gibt einige durchaus hübsche Museumsschiffe zu sehen.

Für eine Stadt mit 50.000 Einwohnern gibt es jedenfalls ziemlich viel Hafen. Eine Rundfahrt per Ausflugsboot geht sich aus zeitlichen Gründen nicht aus, wir hätten aber gerne eine unternommen. So ist unser nächstes Ziel die Kunsthalle Emden.

Die ist von überregionaler Bedeutung und eine Stiftung des Stern-Gründers Nannen. Aktuell läuft die Ausstellung „Mythos Wald – Das Flüstern der Blätter“. Diese zeigt rund 75 Arbeiten von über 40 Künstlern, die meisten Werke sind aus jüngerer Zeit.

[Robert Longo, Ohne Titel (hercynian), (Triptychon), 2011, Kohle auf Papier. Sammlung Stiftung Kunst und Natur, Bad Homburg]

Der Besuch endet in Henri´s Café, wo wir Christoph treffen und mit ihm im Auto zurück nach Oldenburg fahren. Am Abend gehen wir nochmals ins „Casa Vecchia“.

Freitag, 15. 7. 2022

Im Auto mit Christoph und Peter nach Norddeich. Der für 18:00 Uhr reservierte Krabbenkutter sagt wegen Unterbuchung ab.

Wir beobachten allerlei Drachen im Watt, auch solche, von denen sich Menschen über die Wasseroberfläche ziehen lassen. Da eine frische Brise herrscht, fliegt alles was fliegen kann ziemlich gut.

Danach beschließen wir im kleinen Café Utkiek, Greetsiel und seinen Restaurants einen Besuch abzustatten. Man kann dieses Spektakel nicht oft genug wiederholen.

Im dortigen „Fischerhus mit dat golden Meerwiefke“ essen wir Suppe, Fisch und rote Grütze. Dazu gibt’s Bier.

Anschließend spazieren wir durchs malerische Dorf und fahren dann zurück nach Oldenburg.

Samstag, 16. 7. 2022

Götterdämmerung.

Nach dem Frühstück vertrödeln wir den Tag, da die Götterdämmerung bereits um 16:00 Uhr beginnt. Wir begeben uns mit ein wenig Wehmut Richtung Opernhaus.

Das seit dem Rheingold bekannte Bühnenbild auf der Drehbühne wirkt heute von Beginn an leicht devastiert, quasi für den Untergang vorbereitet.

Auch heute lernen wir, dass die qualitativen Einschränkungen eher im Orchester als bei den Sängersolisten zu suchen sind. Die Sänger sind nämlich durchwegs großartig. Im Orchester nerven zeitweise die Bläser durch unkonzentrierte An- und Einsätze. Man darf sich das aber keineswegs allzu schlimm vorstellen. Die 34 Streicher (statt 64 wie in der Partitur vorgegeben) machen hingegen ein gutes Bild, besser einen guten Klang.

Langanhaltender Applaus nach dem Ende der Vorstellung. Es werden noch zwei Sänger und zwei Mitarbeiter des Hauses geehrt und wir erfahren, dass dieser Ring die erste zusammenhängende Aufführung des Ringes überhaupt war. Eine großartige Leistung für das kleine Haus.

Den Rest des Abends mit den Freunden im Extrablatt.

Sonntag, 17. 7. 2022

Abfahrt nach Hause 10:00 Uhr. Km-Stand: 117915
Ankunft Moritzburg 16:30 Uhr. Km-Stand: 118437
Gefahren: 522 km.

Es gibt wegen des Sonntags zwar keine LKW aber massenhaft Wohnwagengespanne, die noch nerviger sind, weil langsamer. Zudem geraten wir in zwei Baustellenstaus. Die Unterkunft haben wir bereits bei der Hinfahrt reserviert, somit treffen wir auf vertrautes Terrain.

Im Gasthof Forsthaus essen wir Forsthaussoljanka und Ragout Fin. Beides schmeckt köstlich. Dazu gibt es Bier und Wein.

Montag, 18. 7. 2022

Die Fahrt von Moritzburg nach Hause durch Tschechien klappt ohne Zwischenfälle. Viel LKW-Verkehr und ein paar kleinere Staus.

Abfahrt Moritzburg 10:00 Uhr. Km-Stand: 118437
Ankunft zu Hause 17:00 Uhr. Km-Stand: 118972
Gefahren: 535 km
Gesamt: 2354 km.

*** E N D E ***