Ring Oldenburg 2022 – Teil 1

Der letzte komplette Ring in Berlin ist beinahe drei Jahre her und so beschließen wir, wieder einen Zyklus zu besuchen – diesmal in Oldenburg unweit der Nordsee.

Mittwoch, 6. 7. 2022

Abfahrt Gaaden 9:30 Uhr km-Stand 116618
Ankunft Moritzburg 15:30 Uhr km-Stand 117166
Gefahren: 548 km

Wir fahren durch Tschechien bei Brünn und Prag vorbei. Die Fahrt ist unproblematisch und unterbrechungsfrei. Die Autobahn ist mittlerweile durchgängig in gutem Zustand, die virtuelle Vignette kann man online erwerben. Wir kaufen eine für 4 Wochen um ca. 15 EUR. Es gibt verschiedene Anbieter, die teilweise Gebühren verrechnen, daher soll man direkt in Tschechien kaufen.

In Moritzburg haben wir die halbe Fahrstrecke hinter uns und so gibt es zur Belohnung ein spätes Mittag- oder frühes Abendessen in der Gaststätte Bärenhäusel. Wir wählen Bier, Rinderroulade und Kassler. Die Preise sind ambitioniert hoch und wir zahlen 50 EUR inkl. Trinkgeld. Dafür sind die Portionen groß und die Raffinesse der Zubereitung klein. Da wir bärenhungrig sind, essen wir es trotzdem dankbar und gerne.

Schloss Moritzburg sieht wunderschön aus und der gesamte Schlosskomplex umfasst 200 Räume. Das geht sich für heute nicht mehr aus, weshalb wir es nicht besuchen können. Überdies ist es schon geschlossen. Auffallend in Moritzburg ist auch der Bezug zu Pferden.

Unser Plan, die Gegend mit Halle a. d. Saale, Meißen, Weimar, Karlsbad in Tschechien exklusiv zu besuchen lebt, zumal die angrenzende Sächsische Schweiz wunderschön ist.

Das Wetter ist warm aber nicht heiß. Nach einer einstündigen Pause gehen wir nochmals die Schlossallee hinunter. Moritzburg ist aber um 19:00 Uhr bereits wie ausgestorben. Glücklicherweise finden wir das Goldne Brezel und trinken je ein Bier. Am Rückweg gehen wir über den von der Abendsonne beschienenen Friedhof.

Unterkunft: Landhaus Moritzburg, 102 EUR inkl. Frühstück.

Donnerstag, 7. 7. 2022

Abfahrt Moritzburg 9:00 Uhr km-Stand 117166
Ankunft Oldenburg 15:20 Uhr km-Stand 117699
Gefahren: km 533

Wir fahren über Dresden, vorbei an Leipzig, Halle, Magdeburg (A14), Braunschweig, Hannover (A2), Bremen (A7, A27) nach Oldenburg (A28).

Es regnet fast ununterbrochen, und der Regen ist oft ziemlich heftig. Nur teilweise lockert es auf. Der LKW-Verkehr überwiegt, außer in der Nähe von Ballungszentren. Ob das an den Benzinpreisen liegt oder an den beginnenden Ferien wissen wir nicht.

[Aral Autohof 39443 Staßfurt-Brumby, km 117369, 41,03 l à 1,889, 77,51 EUR] Der Benzinpreis sieht hoch aus, ist aber niedriger als in Österreich. Hier mache ich das erste Selfie meines Lebens.

Das Hotel Altera im Zentrum von Oldenburg finden wir dann auf Anhieb. Es ist in Ordnung, das Zimmer ist groß. Noch wissen wir nicht, dass nachts ein Öffnen der Fenster wegen der permanenten Partylaune der Oldenburger unmöglich ist. Hier am Foto stören auch die Hotelslipper in weiß, aber das können wir verkraften. Der Parkplatz liegt am Waffenplatz in unmittelbarer Nähe und kostet maximal 10 EUR für 24 Stunden. Die Oper liegt sechs Minuten zu Fuß entfernt.

An der Rezeption werden wir gefragt, ob wir wegen Personalmangels auf die tägliche Reinigung des Zimmers verzichten können. Wir können. Am Ende der Reise wissen wir, dass das Zimmer zweimal gereinigt wird – einmal freiwillig und einmal nach Urgenz.

Nach dem Ausräumen der Koffer besuchen wir das Café Extrablatt, das wir schon im Zuge der Vorbereitungen im Internet entdeckt haben. Davon gibt es 113 Niederlassungen überwiegend in Deutschland. Die aus Wien nächstgelegene dürfte Nürnberg sein, die entfernteste Kapstadt in Südafrika. Auch auf Sylt findet sich ein Extrablatt.

Hier essen und trinken wir eine Kleinigkeit und treffen Christoph und Peter, die wie wir den Ring besuchen. Gemeinsam spazieren wir danach durch die Innenstadt.

Freitag, 8. 7. 2022

Das Rheingold

Frühstück im Hotel, danach Stadtbummel. Die Innenstadt ist nett aber nicht außergewöhnlich. Es gibt die üblichen Geschäfte und der Großteil ist Fußgängerzone. Wir lernen, dass lediglich 1,5 % im 2. Weltkrieg zerstört wurden – eigentlich auch mehr als genug. Es herrscht reges Treiben, aber zwischen den Geschäften sieht man auch einigen Leerstand.

Der Ring ist jedenfalls allgegenwärtig, nicht nur vor dem Staatstheater.

Diese Bärengruppe stammt nicht aus dem Siegfried, sondern ist eine Arbeit des Bremer Bildhauers Paul Halbhuber aus dem Jahr 1964. Sie befindet sich auf dem Schlossplatz.

Beim „Ols-Brauhaus am Hafen“ trinken wir ein Bier und machen anschließend eine Ruhepause im Hotelzimmer.

Danach frühes Abendessen im Ratskeller Oldenburg. Das ist ein ordentliches Lokal, aber ohne besondere Highlights. Es gibt Greetsieler Krabbensuppe, gebackenen Camembert und Matjesteller „Tante Anna“.

19:30 Uhr Rheingold. Wir sind etwas früher dort, weil wir uns das Haus ansehen möchten. Die Sitze sind durchaus komfortabel und wir haben gute Plätze in der zweiten Reihe.

Die Texte laufen über der Bühne mit. Man kann aber Bayreuth spielen und nichts mitlesen.

Die Oper ist klein. Sie kann auf 540 Sitz- und 43 Stehplätzen 583 Besucher aufnehmen, die Wiener Staatsoper mit 2276 Plätzen fast die vierfache Anzahl.

Im Orchester spielen 4 Kontrabässe und dementsprechend wenige Geigen (10 + 8), Bratschen (6) und Celli (6). Der Orchesterklang ist daher unüblich ausbalanciert, was wir aber nicht als Nachteil empfinden. Die Akustik des Hauses ist eher trocken und bietet eine gute Durchhörbarkeit des Orchesterklanges. Die Bläser treten oft markant hervor.

Der Dirigent Hendrik Vestmann ist meist zügig unterwegs, die Sänger sind durch die Bank erstklassig. Wenn man nörgeln möchte, findet man die eine oder andere Schwachstelle, aber das wollen wir nicht.
Der österreichische Regisseur Paul Esterházy bringt mutige, teils brutale Bilder (abgehackter Arm Alberichs mit Ring am Finger) auf die Bühne. Das Geschehen ist überwiegend nachvollziehbar.

Langer Applaus nach dem Ende. Das auf die Bühne getretene Orchester wirkt überschaubar.

Man kann durchaus sagen, dass wir eine Aufführung in dieser Qualität nicht erwartet hätten und freuen uns auf die Walküre. Zum Ausklang gehen wir mit den Freunden ins „Extrablatt“. Es gibt köstlich herbes Pils.

Samstag, 9. 7. 2022

Ruhetag. Es wurde für den ganzen Tag Regen prognostiziert, allein am Morgen ist es bereits sonnig und warm. Wir beschließen spontan den Kauf zweier 9-Euro-Tickets beim Automaten am Oldenburger Hauptbahnhof mit anschließender Fahrt nach Bremen.

Die Entfernung beträgt ca. 50 km und dauert etwa 35 Minuten. Der Zug fährt pünktlich um 12:06 Uhr ab und kommt pünktlich in Bremen an. Er ist gut ausgelastet, aber nicht überfüllt. Die Wahl des Verkehrsmittels ist optimal, da der Zug von Zentrum zu Zentrum fährt.

Unweit des Bahnhofs treffen wir auf den Schweinehirt und seine Herde, eine bronzene Figurengruppe des Bildhauers Peter Lehmann. Da die Skulptur ein beliebter Treffpunkt für die Bremer ist, treffen sie sich „bei den Schweinen“.

Die Bremer Innenstadt mit Rathaus, Dom, Roland und Bremer Stadtmusikanten ist fußläufig zu erreichen. Das Wetter ist noch immer sonnig, aber windig.

Die alten Bauten sind prächtig und man sieht der Hansestadt ihren damaligen Reichtum noch heute an, obwohl die Stadt im 2. Weltkrieg schwer beschädigt wurde.

Zufällig zeigen an diesem Samstag Blaulichtorganisationen wie Polizei, Feuerwehr, THW ihre Gerätschaften was aber viel Publikum generiert.

Bevor wir das Schnoor besuchen haben wir Glück und hören ein 15-minütiges Orgelkonzert im Dom.

Das Schnoorviertel ist Bremens ältestes Viertel und begeistert durch seine Atmosphäre. Das jedenfalls steht in einer Beschreibung im Netz. Wir wenden uns zwar nicht angewidert ab, aber von Begeisterung sind wir weit entfernt. Nett für Touristen.

Den Weg zurück zum Bahnhof nehmen wir wieder zu Fuß, der Zug fährt danach um 16:15 Uhr pünktlich Richtung Oldenburg ab. Wir sind mit dem 9-Euro-Ticket sehr zufrieden.

Den Abend verbringen wir mit unseren Freunden beim Italiener (La Casa Vecchia). Am Nachhauseweg um 22:00 Uhr bemerken wir, wie hell es noch ist. Man könnte mühelos eine Zeitung lesen.

Sonntag, 10. 7. 2022

Die Walküre

Wir vertrödeln den Tag nach dem Frühstück und rasten uns vor der Walküre, die um 17:00 Uhr beginnt, aus. Das Wetter ist eher trüb und kühl (<19°).

Hier noch der Wikipedia-Eintrag des Oldenburgischen Staatstheaters, den ich fast vergessen hätte.

Die Walküre ist sodann wie das Rheingold flott unterwegs. Die Sänger sind wiederum durchwegs sehr gut bis ausgezeichnet – und wir haben als Vergleich schon einige Ringe auf dem Buckel. Kleine Schwächen hören wir in der nicht ganz perfekten Artikulation des Wotan (Kihun Yoon). Auch einige Konzentrationsschwächen im Blech trüben ein wenig den Abend. Weiterhin faszinierend: die kammermusikalische Durchhörbarkeit wegen des kleinen Orchesters mit seinem trockenen Klang.

Langer Applaus. Danach ins „Extrablatt“.

Montag, 11. 7. 2022

Wir haben zwei Tage frei und zwei 9-Euro-Tickets. Daher beschließen wir einen Ausflug nach Norden bzw. Norddeich. Der Zug fährt um 11:33 Uhr von Oldenburg ab und so haben wir ausreichend Zeit, die Konstruktion der Gleisüberdachung zu „bewundern“.

Das Provisorium sieht nach einer Permanentlösung aus und ist gleichermaßen ein Sinnbild für den Zustand der Deutschen Bahn.

Die etwa 1 ½-stündige Zugfahrt führt über Leer (der Zug wird gedreht), Emden, Marienhafe nach Norden, einer Stadt im Landkreis Aurich. Die Strecke ist eingleisig, aber trotzdem sehen wir immer wieder Autotransporte, wohl aus dem VW-Werk in Emden.

Wir sitzen im Doppelstockwaggon oben und sehen beeindruckt, was wirklich flaches Land ist. Was hier nicht flach ist, ist aufgeschüttet und heißt Deich.

Am Bahnhof Norden angekommen machen wir uns auf den Weg in die „Altstadt“, die aus einer Aneinanderreihung touristischer Angebote (Restaurants, Geschäfte, etc.) besteht.

Nett, aber nicht grenzenlos attraktiv.

Und so beschließen wir, uns auch Norddeich anzusehen. Zufällig sehen wir einen Autobus, der uns mit den 9-Euro-Tickets in überschaubarer Zeit nach Norddeich bringt (ein einstündiger Fußmarsch für die 4 km wäre die Alternative gewesen).

Norddeich/Norddeich Mole ist hauptsächlich Terminal für die Überfuhr auf die Nordseeinsel Norderney. Es gibt aber auch touristische Angebote wie Restaurants und Wattwanderungen.

Die Bilder zeigen, dass der Kampf gegen die Meeresfluten selten so eindrucksvoll ist wie hier in Ostfriesland gegen die Nordsee. Teilweise sind die Deiche einseitig asphaltiert und sie müssen auch immer wieder erhöht werden.

Ostfriesland besuchen ohne Krabben zu essen geht nicht. Ich bestelle welche traditionell mit Ei, stelle aber fest, dass ich diesen Genuss wohl nicht sehr oft wiederholen werde.

Das Treiben der ankommenden und abfahrenden Fährschiffe ist für Binnenbewohner immer nett zu beobachten – zum Beispiel aus dem dortigen Café. Trotz der Temperaturen <20° empfinden wir das Wetter als angenehm.

Die Heimreise nach Oldenburg funktioniert perfekt, sodass wir uns mit einem Bier im „Extrablatt“ belohnen dürfen. Es ist ca. 19:00 Uhr und wir beobachten die heimische Jugend bei den Abendvorbereitungen.

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