Bretagne 2018 – Teil 1

VORWORT

Die Zeit ist da. [Richard Wagner, Parsifal, Beginn 2. Aufzug]

Wir wollen unseren seit einiger Zeit gefassten Entschluss, die Bretagne zu bereisen, umsetzen. Da wir beide vor zig Jahren unabhängig voneinander dort waren, möchten wir ein Update unserer damaligen Eindrücke. Wir planen nichts im Voraus, legen keine fixe Route fest, sondern wollen tageweise die Ziele planen. Hotels wollen wir für den nächsten Tag buchen, unter Benutzung der Dienste HRS, booking.com und wie sie alle heißen. Dafür sind wir mit zwei Notebooks, Navi, Smartphone, Digicams und einem Server zu Hause mit WordPress für das Reisetagebuch ausgestattet. Eine grobe Vorstellung von der Reise haben wir natürlich, auch müssen die Hotels mindestens WLAN und eine Parkmöglichkeit bieten. Sie sollen einigermaßen komfortabel sein. Ferner haben wir ein Auto und vier gepackte Koffer. Als Reisedauer haben wir 2 bis 3 Wochen veranschlagt.

Mit diesem Tagebuch möchte ich übrigens meinen ersten Blog beginnen. Die Serversoftware läuft auf einem Raspberry Pi Zero W, der zu Hause auf dem Schreibtisch steht und ca. 15 EUR kostet. Ich möchte darauf über Internetverbindung arbeiten.

Unser erstes Hotel in Heidelberg buchen wir am Tag der Abreise.

TAG 1

Abfahrt Gaaden 20.8.2018 11:00 – Km-Stand 73544
Passau – Nürnberg – Heilbronn
Ankunft Heidelberg 19:00 – Km-Stand 74252 – Km 708

Auf deutschen Autobahnen dichter Verkehr und Staus wegen zahlreicher Bauarbeiten. Das ist grundsätzlich gut, weil die Autobahnen teilweise in schlechtem Zustand sind. Die bayerischen Grenzkontrollen kosten uns zusätzlich 30 Minuten.

Am Abend Ankunft in Heidelberg. Wir sind leicht erschöpft, unternehmen aber dennoch einen kleinen Rundgang inklusive Abendessen. Heidelberg ist eine interessante Stadt mit studentischem Leben und vielen Lokalen in der Altstadt.

Die ganze Ecke mit Trier, Worms, Speyer, Mannheim und dem Rhein ist aber eine eigene Reise wert.

Unser Hotel „Vier Jahreszeiten“ ist ein historisches Haus, die Garage 1/2 Km entfernt. Es liegt zwar direkt im Zentrum, ist aber insgesamt das Geld nicht wert (100 EUR ohne Frühstück).

TAG 2

Abfahrt Heidelberg 21.8.2018 9:30 – Km-Stand 74252
Mannheim – Kaiserslautern – Saarbrücken – Metz – Verdun
Ankunft Reims 15:00 – Km-Stand 74663 – Km 411

Im Gegensatz zu Deutschland sind die französischen Autobahnen praktisch leer, was auch an den Autobahngebühren liegen mag (EUR 18,90 bis Reims). Auffällig sind auch die riesigen landwirtschaftlichen Flächen (Weizen). Man sieht von der Autobahn aus kaum Orte.

Unser Hotel in Reims (Best Western Hotel Centre Reims) ist am Place Drouet d’Erlon – die berühmte Kathedrale ist quasi ums Eck – und ist um € 72,68 im Vergleich zu Heidelberg fast ein Schnäppchen. Das Zimmer ist ordentlich, Internet funktioniert und daneben ist eine Brasserie – was will man mehr.

Die Kathedrale war die gotische Krönungskirche der französischen Könige bis ins 19. Jhd. und ist noch nicht ganz fertig ;-). Trotzdem ist sie der kulturelle Haupanziehungspunkt von Reims.

Die örtliche Jugend hat hier auch viel zu tun. Die nachträgliche Recherche im Internet ergibt, dass es sich dabei um eine Band von Medizinstudenten handelt.

Das Nachtleben ist durchaus lebhaft. Während in Heidelberg um 22:00 die Gastgärten dicht sind, scheint hier das Leben erst zu beginnen.

Es wird gegessen und getrunken bis nach Mitternacht – und das an einem Dienstag. Am folgenden Morgen wirkt die Szene aber etwas menschenleer.

Das Auto parkt fast unter dem Hotel in der öffentlichen Parkgarage. Wir erhalten bei der Abreise eine Nachsteckkarte.

TAG 3

Abfahrt Reims 22.8.2018 10:00 – Km-Stand 74663
Paris – Chartres – Le Mans – Laval
Ankunft Rennes 16:00 – Km-Stand 75155 – Km 492

Wir lassen Paris und Chartres rechts liegen – man kann nicht alles haben. Die heutigen Autobahngebühren betragen 40,00 EUR. Dafür kostet der Liter Eurosuper 1,664 EUR. Die Autobahnen sind nach wie vor relativ leer und die Rastplätze spielen alle Stückerln (die Betreibergesellschaften sanef und VINCI müssen im Geld schwimmen). Trotz einiger Baustellen kann von Stau nicht einmal ansatzweise gesprochen werden.

Seit wir in Frankreich sind, sehen wir auf beiden Seiten der Autobahn riesige Felder, auf denen die französischen Baguettes wachsen. Das habe ich so auch aus den achtziger Jahren in Erinnerung.

Die Ankunft in Rennes gestaltet sich als interessant, da das Navi die Straße des Hotels nicht kennt. Wir schaffen die Auffindung durch Interpolation.

Das Hotel heißt „adagio access aparthotel“, hat Küche mit Kühlschrank, zufällig einen Parkplatz vor der Tür und kostet 66,30 EUR. WLAN funktioniert einwandfrei und wir haben zwei Schreibtische für unsere IT-Tätigkeiten. Es wird immer besser und billiger.

Rennes ist die Hauptstadt der Bretagne und es befindet sich hier auch das Regionalparlament. Die Stadt unterscheidet sich im Charakter massiv von Reims, was sich nicht zuletzt im Stadtbild ausdrückt. Wir sind in der Bretagne angekommen. Die Bretagne hat 27.000 km², Niederösterreich zum Vergleich ca. 19.000.

Wir bestellen während des Stadtbummels zwei Biere, was sich ob der bretonischen Sprache als durchaus anspruchsvoll gestaltet. Das Bier ist dann hell und schmeckt gut. Wir stellen auch fest, dass die Straßenschilder zweisprachig ausgeführt sind.

Rennes ist auch für seine Fachwerksbauten bekannt, von denen man einige in der Altstadt bewundern kann.

Reims hat 184.000 Einwohner, Rennes 215.000. Damit liegen beide Städte deutlich hinter Graz mit 286.000 Einwohnern.

TAG 4

Abfahrt Rennes 23.8.2018 9:50 – Km-Stand 75155
Mont-Saint-Michel – Saint-Malo – Saint-Brieuc
Ankunft Binic 15:45 – Km-Stand 75404 – Km 249

Wir machen noch einen Morgenspaziergang, während ein leichter Nieselregen aufzieht. Es heißt ja, dass es in der Bretagne wenig regnet, dafür aber häufig. Wir empfinden ihn nach der Hitzeperiode zu Hause als durchaus angenehm.

Wir registrieren nach dem erfolglosen Besuch einer Kathedrale auch, dass der bretonische Drang zur Gottesnähe eher enden wollend sein dürfte…

Ok, es wird in der Gegend eine U-Bahn gebaut.

Wir setzen die Reise in Richtung Mont-Saint-Michel fort und behalten das Hotel in guter Erinnerung. Mont-Saint-Michel liegt zwar in der Normandie, wir beschließen aber, dafür eine Ausnahme zu machen.

Die Autobahn (Schnellstraße) ist ab nun gratis, der Verkehr weiterhin mäßig.

Wir nähern uns dem Mont-Saint-Michel. Ich bin nun das dritte Mal hier und immer wieder aufs Neue vom Anblick fasziniert. Plötzlich steht er vor einem da.

Die weitere Annäherung gestaltet sich freilich eher mühsam. Mont-Saint-Michel ist zweifelsohne ein touristischer Hotspot der ersten Kategorie. Schon im Vorfeld wird man auf freie Parkplätze dirigiert. Es gibt zwar kostenlose Shuttlebusse, wir entscheiden uns angesichts der Warteschlangen aber für den Fußmarsch (rund 2,8 Km).

Der Eintritt in das Areal der Abtei ist nach wie vor kostenlos, nur für den Eintritt in die Abteikirche wird Geld verlangt. Wegen der wartenden Menschen verzichten wir jedoch auf den Besuch. Es gibt auch so genug zu sehen.

Wer aber die Einsamkeit sucht, ist hier definitiv am falschen Ort.

Für die Sicherheit der Besucher ist jedenfalls gesorgt.

Nach ausgiebiger Besichtigung streben wir wiederum dem Parkplatz zu. Weil wir schon relativ müde sind, nehmen wir den Shuttlebus. Beim Bezahlen des Parktickets sind wir erstaunt, dass wir nicht mehr als 6,50 EUR bezahlen.

Wir fahren weiter nach Saint-Malo. Da es ein wenig regnet und uns die Parkplätze nicht gerade zufliegen, verzichten wir auf eine Besichtigung und fahren weiter. Gegen 15:45 erreichen wir Binic.

Binic ist ein kleiner Hafenort im Umkreis von Saint-Brieuc. Wir finden unser Hotel mit Hilfe der Touristeninformation um danach festzustellen, dass das Navi uns perfekt dirigiert hat. Wir haben das Hotel nicht sofort als solches erkannt.

Nächstes Mal nehmen wir das Hotel de Ville, das erkennt man meist sofort und es liegt immer sehr zentral (kleiner Scherz).

Unser Hotel heißt „Le Benhuyc“ und kostet 65,00 EUR. Das Zimmer ist zwar klein, wirkt aber gemütlich und man sieht das Meer. Wir sind a) in der Bretagne, b) genug Auto gefahren und so entscheiden wir uns spontan für eine zweite Nacht. Außerdem wollen wir wissen, wie der Hafen bei Ebbe aussieht.

Wir finden ein Restaurant und gönnen uns Muscheln und eine Flasche Wein. ACHTUNG! foodporn.

TAG 5

24.8.2018 Binic – Km 0

Wir bewegen unser Auto nicht von der Stelle. Der Tag beginnt mit Kaffee und Croissants aus der Boulangerie und wird mit einem Hafenbummel fortgesetzt. Wir stellen mit Entsetzen fest, dass über Nacht das Meer ausgelaufen ist.

Es wird uns aber bald klar, dass dies nur die Billigparkplätze sind. Die dicken Katamarane und Yachten liegen hinter einer Schleuse, die bei einsetzender Ebbe geschlossen wird, so dass das Wasser nicht auslaufen kann. Der Wechsel von Ebbe und Flut ist ein faszinierendes Schauspiel und hier besonders interessant, weil der Tidenhub in dieser Gegend – wenn auch selten – bis zu 14 m betragen kann. Das Gezeitenkraftwerk liegt nicht zufällig in Saint-Malo.

Wir erholen uns von diesem Schrecken beim Würstelstand unseres Vertrauens mit Muscheln und Bier.

Eine Épicerie oder Boulangerie findet man ja häufig – nicht nur in Frankreich. Hier haben wir auch eine Conserverie gefunden. Die angebotenen Fischkonserven aus regionaler Produktion sehen so attraktiv aus, dass wir nicht umhin können, ein bisschen einzukaufen.

Wir beschließen den Tag mit Crêpes und Cidre. Der Apfelschaumwein –  unserem Most nicht unähnlich – wird in Sektflaschen abgefüllt und man wählt zwischen doux und brut. Cidre hat 5% Alkoholgehalt und kostet so viel wie Bier, jedoch schmeckt auch die trockene Variante leicht süß.

An Binic – eigentlich ein Zufallstreffer – werden wir gerne zurückdenken.

TAG 6

Abfahrt Binic 25.8.2018 10:00 – Km-Stand 75404
Île de Bréhat – Paimpol
Ankunft Plougasnou 18:00 – Km-Stand 75557 – Km 153

Wir beginnen den Tag mit Croissants und Kaffee. Binic verlassen wir nur ungern. Wir sehen uns noch einmal die trocken liegenden Boote an und packen das Auto voll. Dabei stellen wir fest, dass sich unsere Vier-Koffer-Methode bis jetzt zufriedenstellend bewährt. Zwei kleine Koffer gehen ins Hotel, zwei große bleiben im Auto. Bei Gelegenheit wird umgepackt.

Wir fahren Richtung Île de Bréhat und nehmen nicht die schnellste Verbindung, sondern kleine Straßen durch ländliche Dörfer. Unterwegs halten wir Rast und erfreuen uns an der Landschaft. Es wird hier viel Gemüse angebaut.

Danach kommen wir wieder ans Meer. Die Küstenformation zeigt rötliche Granitfelsen und macht auch dem Laien verständlich, dass die Seefahrt hier nicht immer ganz einfach war – besonders in der vortechnischen Zeit. Es liegen angeblich hunderte Wracks vor der bretonischen Küste auf Meeresgrund.

Wir entschließen uns zu einer Rundfahrt um die Île de Bréhat, die aus einem Nord- und einem Südteil besteht. Die Fährschiffe sind offensichtlich neuerer Bauart und vermitteln einen sehr guten Zustand. Wir sind aber auch nicht die einzigen Besucher.

Die Sonne scheint, das Wetter ist gut, dennoch ist ob der Brise ein Pullover durchaus angebracht. Die Rundfahrt um beide Inseln soll 45 Minuten dauern und kostet 16 EUR pro Person. Tatsächlich waren es dann 2 1/2 Stunden. Wir durften unterwegs aussteigen und einen Teil der Südinsel besichtigen.

Die zerklüftete Küste bringt es mit sich, dass die Leuchtturmdichte hier ungewöhnlich hoch ist.

Dafür gibt es an den Stränden auf der Insel keinen Mangel an Bootsparkplätzen. Diese Art zu parken ist vor allem für ältere Menschen attraktiv, da es das Ein- und Aussteigen sehr  erleichtert.

Nach der Rückkehr zu unserem Auto stellen wir fest, dass der riesige Parkplatz nun völlig ausgebucht ist. Wir bezahlen 5 EUR Parkgebühr und fahren in Richtung Plougasnou, dem Ort unseres nächsten Quartiers. Unterwegs decken wir uns mit Käse, Baguette und Rotwein in einem am Weg liegenden Carrefour ein.

Wir wohnen etwas abseits vom Meer, da wegen des Wochenendes viele Hotels ausgebucht sind. Die Touristen hier sind fast ausnahmslos Franzosen. Sehr selten sieht man ein Auto mit ausländischem Kennzeichen, es ist dann meist ein Wohnmobil. Wir sehen im Allgemeinen auch nur wenige englischsprachige Hinweisschilder.

Unsere Unterkunft „Merdy Bras“ dürfte ein alter Bauernhof gewesen sein und ist sehr schön renoviert. Das Zimmer ist zwar einfach, vom Garten aus zugänglich und bietet ausgezeichnetes Internet. Es wird von einem netten französischen Paar mit Baby vermietet und kostet inkl. Frühstück 51 EUR. Wir schlafen hervorragend.

TAG 7

26.8.2018 Plougasnou – Km-Stand 75564 – Km 7

Der Tag beginnt bewölkt und es bläst ein kräftiger Wind, der aber nie kalt ist. Die Atlantiknähe macht sich bemerkbar. Da auch ein wenig Regen prognostiziert ist, beschließen wir, einen Ruhetag einzulegen. Unser Zimmer ist bereits vergeben, aber ein kleines Haus ist frei. Es kostet allerdings 65 EUR. Wir pfeifen auf die zusätzlichen 14 EUR und buchen gerne zwei weitere Tage.

Das Haus hat oben zwei Zimmer mit vier Betten, eine moderne, voll ausgestattete Küche und schnelles Internet über Powerline-Adapter. Es ist fast schade, dass wir in der Küche nur Wasserkocher und Kühlschrank verwenden.

Wir stellen fest, dass wir uns den Ruhetag redlich verdient haben und öffnen eine Flasche Cidre aus dem 2 Km entfernten Supermarkt, der sonntags bis 13:00 geöffnet hat. Savoir-vivre ist nicht zufällig ein französischer Begriff.

Das Bezahlen in den Supermärkten funktioniert übrigens problemlos mit der Maestro-Karte. Wir kaufen auch noch eine französische Verteilersteckdose mit Stecker vom Typ E damit wir unsere Notebooks gleichzeitig laden können.

Den restlichen Tag verbringen wir mit Recherche, Lesen und dem Aufessen der Käsevorräte.

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